Letzte Aktualisierung: 26. Juni 2025
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Praktikumsrichtlinie – Rat der EU stimmt Allgemeiner Ausrichtung zu
Fachkräftesicherung, FKS+ Projekte, Berufsorientierung
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Die Mitglieder des Europäischen Rates für Beschäftigung und Sozialpolitik (EPSCO) haben am 19. Juni 2025 einer Allgemeinen Ausrichtung zur Richtlinie zur Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikant*innen und zur Bekämpfung von Scheinpraktika zugestimmt.
Die aus Arbeitgebersicht wichtigen Punkte sind:
- Anwendungsbereich: Der Rat schlägt vor, dass die Richtlinie einen doppelten Anwendungsbereich hat: Sie gilt zum einen für Praktikant*innen, die in einem Arbeitsverhältnis im Sinne der in dem Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften, Tarifverträge oder Gepflogenheiten stehen. Hiervon ausgenommen sind Praktikant*innen, deren Praktikum obligatorisch ist oder im Rahmen aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen erfolgt. Dies sei der Fall, wenn die Maßnahme der Erreichung bestimmter sozialer und arbeitsmarktpolitischer Ziele dient und einer öffentlichen Aufsicht unterliegt. Zum anderen soll die Richtlinie für alle Personen anwendbar sein, die ein diesen Vorschriften entsprechendes „Scheinpraktikum“ absolvieren.
- Definition eines „Scheinpraktikums“: Unter einem Scheinpraktikum ist ein verschleiertes Arbeitsverhältnis zu verstehen, das vom Arbeitgeber zwar als Praktikum bezeichnet wird, in Wirklichkeit aber kein Praktikum im Sinne der Richtlinie darstellt. Die Festlegung soll anhand nationaler Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten erfolgen. Der Rat schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten für diese Feststellung verschiedene Merkmale festlegen können – wie etwa das Fehlen einer wesentlichen Lern- oder Ausbildungskomponente, gleichwertige Aufgaben, Verantwortlichkeiten und etwa einer Arbeitsintensität wie bei vergleichbaren Arbeitnehmer*innen. Bei diesen Merkmalen weicht die Allgemeine Ausrichtung kaum vom Vorschlag der Europäischen Kommission ab.
- Informations- und Dokumentationspflicht: Zur Durchsetzung des Unionsrechts und für die Feststellung von Scheinpraktika sollen die Mitgliedstaaten in Zukunft sicherstellen, dass Arbeitgeber nach Aufforderung den zuständigen Behörden die notwendigen Informationen zur Verfügung bereitstellen.
- Rechtsdurchsetzung: Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass Praktikant*innen, auch nach Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses, Zugang zu wirksamen Streitbeilegungsverfahren sowie zu Rechtsbehelfen einschließlich angemessener Entschädigung haben, wenn ihre durch die Richtlinie garantierten Rechte verletzt wurden. Darüber hinaus können solche Verfahren mit Zustimmung der Betroffenen auch durch Arbeitnehmervertreter*innen im Namen oder zur Unterstützung der Praktikant*innen eingeleitet werden.
Weitere Informationen zu der Allgemeinen Ausrichtung finden Sie hier .
Ausblick
Mit der Allgemeinen Ausrichtung hat der Rat seine Position für die Trilogverhandlungen mit der Kommission und dem Europäischen Parlament festgelegt. Der Beginn der Verhandlungen hängt vom Europäischen Parlament ab. Der zuständige Beschäftigungsausschuss muss zunächst seinen Bericht abschließen. Es ist davon auszugehen, dass frühestens im Herbst mit dem Beginn der Trilogverhandlungen zu rechnen ist.
Bewertung
Für eine erfolgreiche Berufsorientierung und als wichtiges Instrument für die Fachkräftesicherung ist es notwendig, jungen Menschen durch Praktika Einblicke in die Arbeitswelt und erste berufliche Erfahrungen zu ermöglichen. Das Ziel der Praktikumsrichtlinie, Praktika fair zu gestalten und Missbrauch zu verhindern, ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Betonung des Rats der mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten für die Festlegung individueller Merkmale sowie die nunmehr klare Unterscheidung zwischen Pflicht- und freiwilligen Praktika ist ebenfalls positiv zu bewerten.
Das Grundproblem der Richtlinie bleibt jedoch bestehen. Es ist mit rechtlicher Unsicherheit im Umgang mit Praktika zu rechnen und es besteht die Gefahr, dass Praktika unattraktiver gemacht werden. Der administrative Aufwand wird ihr Angebot möglicherweise verkleinern und damit den Berufseinstieg für junge Menschen erschweren.